Politik von unten ist unser Motto
Vor einer Kulisse von rund 200 Gästen erklärte der SPD-Bundesvorsitzende Sigmar
Gabriel am Dienstagabend in der Buchholzer Empore in einer mitreißenden Rede,
was für ihn Politik und insbesondere sozialdemokratische Politik ausmacht und
ausmachen muss. „Wenn Politik sich Zeit fürs wahre, alltägliche Leben nimmt, wenn
sie den Kontakt zu den Menschen hält, dann ist sie gut und vertrauenswürdig“, stellte
Gabriel fest.

08.01.2013 Buchholz Empore
Brigitte Somfleth, Tobias Handtke, Marcus Beecken, Silva Seeler, Udo Heitmann

„Wenn wir nicht aufpassen, halten wir das für das richtige Leben, was in Arbeitsgruppen, Parteiversammlungen oder Ausschüssen passiert.“ Nur mit gesundem Menschenverstand lasse sich gute Politik machen.
Der SPD-Chef war auf Einladung seiner langjährigen Fraktionskollegin im Niedersächsischen Landtag, Silva Seeler, nach Buchholz gekommen, um einerseits ihr und Brigitte Somfleth für ihre Tätigkeit als Landtagsabgeordnete zu danken, denn beide ziehen sich nach der kommenden Wahl aus der Landespolitik zurück. Andererseits war Sigmar Gabriel nach Buchholz gekommen, um den neuen SPD Kandidaten aus dem Landkreis den Rücken zu stärken. Markus Beecken, Tobias Handtke und Udo Heitmann hatten sich zu Beginn der Veranstaltung kurz vorgestellt und ihre politischen Ambitionen beschrieben.
Gabriel stellte vor allem deren berufliche Hintergründe heraus: „Ich bin froh, dass sich die SPD hier vor Ort mit Menschen aus dem normalen Leben präsentiert – mit einem Einzelhandelskaufmann, einem Krankenpfleger und einem Polizisten!“ Experten seien wichtig, um Politiker zu beraten und zu informieren, aber Politik lebe davon, dass in den Parlamenten nicht nur Ausschnitte des Lebens vertreten sind, sondern eine große Vielfalt. Vor allem eine Vielfalt aus dem so genannten ganz normalen Leben. Warum Bildung ein Kernthema sozialdemokratischer Politik ist, liege, so der SPDChef und gelernte Lehrer, vor allem daran, dass vom Bildungssystem Wohl und Wehe einer Gesellschaft abhingen. „Deutschland gibt 20 Milliarden Euro weniger für Bildung aus als andere Industriestaaten, und insbesondere Niedersachsen weist unter der amtierenden Landesregierung ein ziemlich katastrophales Bildungssystem auf.“ Das werde die SPD unter Stephan Weil ändern. „Denn Mehreinnahmen werden wir in zwei Dinge investieren: zuerst in Bildung und dann in den Schuldenabbau.“
Gabriel unterstrich erneut die SPD-Forderung nach einem Mindestlohn von 8,50 Euro pro Stunde. „Merkel und McAllister scheinen nicht zu wissen, was ein Mindestlohn ist. Es ist der Lohn, den man für einen Vollzeitjob kriegen muss, um am Ende des Monats nicht beim Sozialamt betteln gehen zu müssen, um über die Runden zu kommen. So einfach ist das!“ Sozial sei nicht, was Arbeit schafft, sondern was Arbeit schafft, von der man leben kann.
Als gebürtiger und beheimateter Niedersachse mache er sich, so Gabriel, in diesem Land unter anderem Sorgen um die Balance. „Es gibt Regionen in Niedersachsen, denen es wirtschaftlich sehr gut geht und wiederum andere, die total abgehängt werden.“ Er befürchte, dass Niedersachsen auseinanderfalle, wenn man da nicht gegensteuert. Dafür müsse sich das Land zum Beispiel auch beim Bund unbeliebt machen und für eine andere Finanzverteilung in Deutschland kämpfen.
„Es gibt genug, die Politik von oben machen. Dazu braucht es die SPD nicht“, resümierte Sigmar Gabriel am Ende seiner Rede und kam damit auf seine Anfangsthese der menschennahen Politik zurück. „’Politik von unten’ ist das grundlegende Motto der SPD. Von dort wollen wir das Leben betrachten und dann unsere Einflüsse geltend machen.“